Denkmal für einen Trinker
Im März 2018 fielen mir an einer Straße extrem viele Flaschen im Graben auf. Zuvor wurde in Schweden ein neues Wort kreiert, das Joggen und Müll aufsammeln miteinander verbindet. #plogging fand ich theoretisch gut. Kann ich, mach ich. Praktisch. Dachte ich. Bin ziemlich schnell an Grenzen gestoßen. Glasflaschen haben ihr Gewicht. Weshalb sie ökologisch schlechter bewertet werden als PET und Einwegverpackungen. Macht das Sinn? Meine Taschen waren nach 5 Metern voll. Ich ließ sie erstmal stehen. Am Ende der Flaschen-Sammlung landeten über 200 Stück in meinem Kofferraum. Hauptsächlich Wein und Wodka der immer gleichen Marke.
Entsorgen wollte ich die Flaschen nicht. Es gab zu viele Fragen. Unangenehme Erinnerungen an eine Autofahrt und klirrendes Glas. Warum wirft jemand regelmäßig Flaschen aus dem Auto? 500 Meter weiter steht eine Sammelstelle für Altglas. Kommt das Auto direkt von der Autobahn? Eventuell ein LKW? Eine Firma wird hier regelmäßig beliefert. Ist die Person überhaupt fahrtüchtig? Welche Gedanken und Gefühle führen zu diesem Verhalten? Wut? Scham? Verzweiflung? Gleichgültigkeit? Wenn Alkohol die Hemmschwelle senkt, warum sind ausgerechnet Spirituosen vom Pfand befreit?
Ich mag Glas. Es ist stabil, lässt sich leicht reinigen und wieder verwenden. Es kann eingeschmolzen und zu neuem Glas geformt werden. Und es kann wieder zu Sand zermahlen werden. Quasi zurückversetzt in seinen ursprünglichen Zustand. Jede Flasche ist schon für sich ein kleines Kunstwerk. Wir wissen Produktdesign kaum zu schätzen, bei der Kurzlebigkeit mancher Verpackungen.
Mein Projektvorhaben wurde tatsächlich erstmal als zu ästhetisch kritisiert. Schließlich ist es Müll. Doch genau darum geht es. Solange wir Ekel empfinden, werden wir Abfall loswerden wollen. Als Konsument hab ich die Möglichkeit Verpackungen zu vermeiden. Aber erst eine Kreislaufwirtschaft wird helfen Müll als Wertstoff zu begreifen. Industrie und Produktion müssen die Möglichkeiten erkennen und eine entsprechende Infrastruktur aufbauen.